Wie ich lernte, an den Scanner zu glauben
Als mir neulich der firmeneigene Virenscanner wieder mal sämtliche Systemressourcen um die Ohren gehauen hat, habe ich das zum Anlass für einen Besuch bei unserem IT-Manager genommen, zumal da abends noch ein schwaches Licht aus seinem Zimmer drang. Ich fand ihn versunken vor seinem Bildschirm in dem sonst stockfinsteren Raum, wie er gerade mit der Maus eMails in einen Ordner verschob, die etwa im Viertelsekundentakt eingingen. Das, erklärte er mir traurig, sind die vom neuen Antivirensystem erzeugten Fehlermeldungen, die beim täglichen Einspielen der Signaturdatei auflaufen. Wöchentlich schieben wir etliche Megabyte davon an den Hersteller weiter, der wiederum Heerscharen von Studenten fieberhaft damit beschäftigt, das Pattern und damit die Ursache des Fehlverhaltens zu finden.
Nur gibt es kein Pattern, sagt er mir resigniert: manche dieser Fehlermeldungen kommen von völlig unauffälligen Rechnern, andere von solchen, die abgeschaltet oder nicht mehr im Netz sind und wieder andere von Rechnern, die noch nie existiert haben. Aber man müsse solche Vorgänge als glückliche Fügungen ansehen und ihre Erhabenheit würdigen. Ganz offen für Neues solle man sie betrachten, sind sie doch Sendboten der Zukunft, die uns viel über uns selbst mitteilen können, wenn wir sie nur zu deuten wissen. Dem Tarot gleich spiegeln sie unser Innerstes, ein reiner Born hehrer Erkenntnis. Die Zungen eines fernen Wissens sind sie, vom Demiurgen ausgesandte Träger einer abstrakten, noch unbekannten Wahrheit, an die zu glauben sich noch lohnt. Zarteren Gemütern mögen sie bereits als Gottesbeweis dienen und sind somit in der Lage, hohes, reines Glück zu erzeugen.
Tatsächlich schienen die dunklen Bürowände jetzt entfernt gotische Formen anzunehmen, und der Bildschirm leuchtete gleich dem Tabernakel in einem Ostchor, während die Fehlermeldungen wie Schatten unbegreiflich fremder Genien darüberhuschten. Bis die würdevolle, sakrale Stille plötzlich von einem unheiligen Missklang durchschnitten wurde. Outlook-Fehler: Maximale Postfachgröße erreicht schleuderte uns die Maschine auf einem fratzenhaft-nihilistischen Fenster entgegen. Verlegen richteten wir uns auf, "Übermüdung" und "Feierabend machen" murmelnd. Ganz ohne Folgen blieb die abendliche Offenbarung dennoch nicht. Am nächsten Tag hat der IT-Service die Postfächer aller Hulesch & Quenzel-Mitarbeiter auf die doppelte Größe eingestellt.
Nur gibt es kein Pattern, sagt er mir resigniert: manche dieser Fehlermeldungen kommen von völlig unauffälligen Rechnern, andere von solchen, die abgeschaltet oder nicht mehr im Netz sind und wieder andere von Rechnern, die noch nie existiert haben. Aber man müsse solche Vorgänge als glückliche Fügungen ansehen und ihre Erhabenheit würdigen. Ganz offen für Neues solle man sie betrachten, sind sie doch Sendboten der Zukunft, die uns viel über uns selbst mitteilen können, wenn wir sie nur zu deuten wissen. Dem Tarot gleich spiegeln sie unser Innerstes, ein reiner Born hehrer Erkenntnis. Die Zungen eines fernen Wissens sind sie, vom Demiurgen ausgesandte Träger einer abstrakten, noch unbekannten Wahrheit, an die zu glauben sich noch lohnt. Zarteren Gemütern mögen sie bereits als Gottesbeweis dienen und sind somit in der Lage, hohes, reines Glück zu erzeugen.
Tatsächlich schienen die dunklen Bürowände jetzt entfernt gotische Formen anzunehmen, und der Bildschirm leuchtete gleich dem Tabernakel in einem Ostchor, während die Fehlermeldungen wie Schatten unbegreiflich fremder Genien darüberhuschten. Bis die würdevolle, sakrale Stille plötzlich von einem unheiligen Missklang durchschnitten wurde. Outlook-Fehler: Maximale Postfachgröße erreicht schleuderte uns die Maschine auf einem fratzenhaft-nihilistischen Fenster entgegen. Verlegen richteten wir uns auf, "Übermüdung" und "Feierabend machen" murmelnd. Ganz ohne Folgen blieb die abendliche Offenbarung dennoch nicht. Am nächsten Tag hat der IT-Service die Postfächer aller Hulesch & Quenzel-Mitarbeiter auf die doppelte Größe eingestellt.
simplex - 20. Jun, 21:06
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