So läuft's Business

Nun ist ja wieder Popkomm, und wiederum ist's Simplicio nicht recht. Gerade hat eine Pressesprecherin angesichts der heftig vertretenen Gastländer die deutschen Musiker zu mehr Konsumentenorientierung aufgefordert. Gute Idee. Ich finde ja auch, dass der Return-on-Invest gerade bei Reggae-Unternehmen signifikant dem Markt hinterherhinkt, während sich das KGV in der Singer/Songwriter-Industrie fusionsbedingt stabilisiert und die Nachfrage auf dem Goth-Sektor von den jüngsten Sympathiekampagnen profitieren könnte. Früher hat man an Schule und Uni die Junge-Union-Mitglieder und BWL-Studenten schon an den Samsonite-Koffern mit den Monogramm-Schnappschlössern erkannt, heute mänätschen sie Musikmessen und Metal-Bands, und alle finden das normal.

Es gab mal eine Zeit, da war Pop subversive Jugendkultur, und die Statements kamen von kecken Rotzlöffeln mit neuen Ideen. Die Popkomm dagegen scheint dominiert von den Rittern der Taschenrechner, von sich juvenil gebenden Vorgesetzten und altgewordenen Mädchen. Die wiederum laden alle ein, die ein ausreichend verzweifeltes Interesse an Geld oder Ruhm nachweisen können, vom Crazy-Frog-Höker bis zum Möchtegern-Sternchen. Nur an die Regeln geschäftsmäßigen Spaßverzichts müssen sie sich halten. Mit so einer Protagonistin lief gestern ein Radio-Interview, Konsens und Langeweile bis zum Anschlag, und sie fand, dass Paul Weller doch ein gaaanz toller Künstler sei. Vor ein paar Jahren, das weiß ich zufällig, hielt sie Paul Wella noch für Haarspray. Das war wenigstens noch Entertainment damals.

Überhaupt das Allerschlimmste am erwachsenen Büssniss ist das "Künstler"-Getue. Ich muss da immer an bärtige Pinselmeister mit schwarzem Barett denken und kann mir die Schreihälse von der Ska-Kapelle nebenan genausowenig als Künstler vorstellen wie Madonna, Eminem und Zappa. Wem das alles hohe Kunst ist, der hält womöglich Neil Young und Bob Dylan für den Gipfel derselben, und sich selbst für den ganz großen Auskenner. Drängender dürfte aber das Verkaufsargument sein: Für einen *flöt* Künstler */flöt* gibt der Konsument seine Euros eher aus als für bloße Rocker, Jazzer oder Elektro-Frickler.

Von allen Geistern die verneinen sind mir die Kaufleute und Werber am wenigsten zur Last, aber wenn sie sich an Musik abarbeiten, packt mich kalter, pochender, tiefsitzender, dunkelvioletter Ekel. Ich boykottier' jetzt das unwürdige Treiben und höre zur Abstrafung der Verantwortlichen eine Woche lang nur Klassik. So, da habt ihr's.

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